22. Leipziger Religionslehretag

Umgang mit Leid im Religionsunterricht

Das Thema des Religionslehretages 2024 kann mit Recht zu den 'Klassikern' der Religionspädagogik gezählt werden und ist seit langem fester Bestandteil der Lehrpläne - fordert aber, zumal in unserer zunehmend multireligiösen und säkularer werdenden Gesellschaft, auch immer wieder heraus.

Die Frage nach der Theodizee, also wie das Bestehen von Leid und Tod mit der Existenz eines gütigen und allmächtigen Gottes vereinbar ist, gehört zu den grundlegendsten theologischen Herausforderungen. Diese Frage bewegt bereits die biblischen Autoren und beschäftigt die akademische Theologie seit Jahrhunderten, bis heute. Aber auch junge Menschen treibt sie in existenzieller Weise um. Schülerinnen und Schüler sind oftmals bereits in jungen Jahren mit den unvermeidlichen Realitäten von Leid und Tod konfrontiert, sei es durch persönliche Erfahrungen, gesellschaftliche Ereignisse oder globale Krisen. Umso wichtiger ist es, vielfältige und differenzierte Lernangebote bereitzuhalten, um eine reife und verantwortungsbewusste Auseinandersetzung mit diesem fundamentalen Fragen im Unterricht anzubahnen. Am diesjährigen Religionslehretag soll darum das Thema aus verschiedensten Perspektiven beleuchtet werden, sodass neue und interessante Einblicke in das komplexe und vielseitige Thema möglich werden.



Vielen Dank an alle, die teilgenommen haben!


Bezüglich verlorener oder vergessener Gegenstände kontaktieren Sie uns bitte über das Kontaktormular oder über relpaed@uni-leipzig.de


Der 22. Religionslehretag - ein Rückblick in Bildern

Das Team der Religionspädagogik dankt sehr für Ihre Teilnahme und freut sich, Sie im nächsten Jahr wieder begrüßen zu dürfen!


Das Programm am 22.11.24

09:45 Uhr - Andacht


Traditionell beginnt der Religionslehretag mit einer kurzen Andacht.

10:30 Uhr - Vortrag und Diskussion

Dr. Anja Marschall, Uni Leipzig (Altes Testament):


Hiob & die Klagepsalmen im Alten Testament

12:00 Uhr - Informationen

Informationen zum weiteren Verlauf des Tages sowie ergänzende Ankündigungen.

12:15 Uhr - Mittagspause

Bei einem kleinen Imbiss und einem Getränk gibt es die Chance zu Austausch, Vernetzung & weiterer Diskussion.

13:30 Uhr - Workshops & Seminare

In Kleingruppen geht es in die Workshops und Seminare. Nähere Informationen dazu finden Sie weiter unten.

15:00 Uhr - Ende

Der Abschluss findet in den Workshops statt. 


Workshops & Seminare

Workshop 1:

Von Jesus zu Hiob - Auseinandersetzung mit biblischen Zeugnissen von Zweifel, Leid und Tod

Im Lehrplan des Modellprojekts für den Konfessionell-kooperativen Religionsunterricht Zittau steht das Thema Leid im Lernbereich „Gottes Wort und Jesu Leben“. Im Workshop stellen wir erprobte Bausteine aus der Unterrichtspraxis in Klassenstufe 9 vor, die die Brücke vom Neuen in das Alte Testament schlagen und dabei die Jugendlichen im Blick haben.


Adrian Dautz & Peggy Göring, Zittau






Workshop 2:

Die Frage nach der Theodizee am Beispiel des Films Adams Äpfel

Schon immer stellt sich der Mensch die Frage, wie ein allmächtiger Gott Kriege, Krankheiten, Traurigkeit und Leid zulassen kann. Nicht selten wird das Ausbleiben einer zufriedenstellenden Antwort als Beweis gegen die Existenz Gottes gedeutet oder die Frage gestellt, ob Gott ein strafender Gott sei oder einer, dem die Gefühle der Menschen gleichgültig sind.

Das Hiobbuch versucht zumindest eine Antwort auf dieses quälende „Warum?“ zu finden. In der 10. Klasse kann das Buch als Klassenlektüre gelesen und mit der neuzeitlichen filmischen Interpretation „Adams Äpfel“ in Beziehung gesetzt werden. Im Vergleich der beiden Antwortversuche können die je eigenen Akzentuierungen und Sichtweisen herausgearbeitet und den Fragen nach Gott und Satan, Gut und Böse, Leid und Glück nachgegangen werden.


Marie Fischer & Annett Siemon, Plauen




Workshop 3:

Im Religionsunterricht vom Leid reden

Leid und Umgang mit Leid sind Unterrichtsinhalte. Das ist eine Chance einer „Privatisierung“ entgegenzuwirken. Der Workshop begibt sich auf die Suche, wie Religionsunterricht einen sicheren Rahmen bieten kann, um eigene und fremde Leiderfahrungen wahrzunehmen, Haltungen auszudrücken und im Gespräch zu reflektieren. 


Im Workshop probieren wir gemeinsam Ideen und Materialien aus, mit denen Schülerinnen und Schüler (Sek I +II) reflektieren und kreativ ins Gespräch kommen können. 


Johanna Fabel, TPI Moritzburg




Workshop 4:

Kurzfilme zum Thema Leid

In (Kurz-)Filmen und Bilderbuchkinos begegnen uns Leid, Krankheit und Sterben lebensnah und emotional nachvollziehbar. Gleichzeitig schaffen die "fremden" Geschichten den nötigen Abstand, das Thema in der Grundschule zu behandeln. Neben der Vorstellung der Filme werden Methoden der Erschließung und Unterrichtsimpulse zu den jeweiligen Medien erprobt und reflektiert.


Tobias Richter, TPI Moritzburg




Workshop 5:

Krisensituationen in der Schule – zwischen eigener Betroffenheit und Fürsorge an Nächsten

Wie kann im "System Schule" auf plötzliche Krisen reagiert und diese in der Akutphase gestaltet werden? Welche Rolle kann dabei von Lehrkräften und speziell Unterrichtenden im Fach Religion übernommen werden? Auf welche Hilfe- und Unterstützungssysteme kann zurückgegriffen werden?


Pfr. Matthias Große, Polizeiseelsorger Dresden




Workshop 6:

Sterben und Tod – Was kommt danach?

Kinder fragen nach dem Woher und Wohin des Lebens. Jedes Grundschulkind hat schon Erfahrungen mit der Endlichkeit von Leben gemacht und ein inneres Konzept von Sterben und Tod entwickelt. 

Im Workshop erproben wir anhand eines Unterrichtsentwurfs, wie Kinder ihre Konzepte zu Sterben und Tod erweitern und mit der Dimension der christlichen Ewigkeitshoffnung in Verbindung bringen können. Weitere Materialien zum Thema wie z.B. Bilderbücher, Bilderbuchkinos oder eine Liste mit Tipps zum Umgang mit Kinderfragen nach Leid werden vorgestellt.


David Toaspern, TPI Moritzburg




Workshop 7:

Theologische Perspektiven zum Umgang mit dem Tod

Ist der Tod ein Teil des Lebens, oder ist er das ganz Andere des Lebens? Ist der Tod „der Sünde Sold“ (Röm 6,23), also eine Strafe für unsere Verfehlungen, oder ist er ein natürliches Ereignis. Darf ein guter Christ vor dem Tod Angst haben, oder muss er ihm heroisch-furchtlos entgegensehen? – Dies sind einige der Fragen, die beim theologischen Nachdenken über unseren Umgang mit dem Tod aufkommen können. Im Workshop wollen wir anhand von älteren und neueren theologischen Texten über diese Fragen miteinander ins Gespräch kommen.



Prof. Rochus Leonhardt, Uni Leipzig (Systematische Theologie)


Seminar 1:

Ein Einblick in den jüdischen Umgang mit Trauer

Das Judentum heiligt das Leben und verabscheut den Tod, der als unrein angesehen wird. Der Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen ist daher eine große Herausforderung, die mit Hilfe besonderer Bräuche und Trauerriten angegangen wird.


Es soll ein Einblick in den jüdischen Umgang mit der Trauer gegeben werden. Unter anderem werden zeitgenössische Trauerbräuche jüdischer Menschen wie z.B. die Schiv'a, der Trauermahl, das Gebet der 'Buchstaben der Seele', erläutert.


Nimrod Baratz, Uni Leipzig (Judaistik)




Seminar 2:

Ars Moriendi - Leidens- und Trauerbewältigung im 16. Jahrhundert

Leid und Trauer häufig in Verbindung mit Fassungslosigkeit, Verzweiflung und Schmerz begleiten Menschen seit jeher beim Tod eines geliebten Menschen. Im Mittelalter wurde beispielsweise mithilfe von Totentanzdarstellungen, Sterbebüchlein und Predigten versucht, die Angst vor dem Tod zu verkleinern. Die Reformation brachte ein Umdenken in Bezug auf den Umgang mit Leid und Trauer. Durch den Gedanken der Rechtfertigung gewann die Vorstellung der Ars moriendi eine neue Perspektive.

Dieses Seminar möchte den unterschiedlichen Perspektiven auf Leid und Trauer im 16. Jahrhundert und der Frage nachgehen, in welchem Maße eine Übertragung in die Gegenwart möglich ist.


Christiane Hesse, Uni Leipzig (Kirchengeschichte)


Seminar 3:

Mystik und Leiden

Im Workshop soll der Frage nachgegangen werden, welche Potenziale in der christlichen Mystik für den Umgang mit Leiden und Sterben liegen. Eine Grunderfahrung mystischer Spiritualität stellt deren Bejahung als integrale Bestandteile des menschlichen Lebens dar. Dahinter steht eine glutvolle Gottes- bzw. Christusliebe. Dorothee Sölle schreibt: „Die Mystiker haben versucht, alles begegnende Leiden zu einem Geburtsleiden zu machen und alle Sinnlosigkeit aufzuheben.“



Peter Zimmerling, Uni Leipzig (Praktische Theologie)

Seminar 4:

Zwischen Allmacht und Ohnmacht Gottes - theologisch antworten auf Leid und Tod

Wo ist Gott? Wo ist seine rettende Hilfe? Warum greift Gott nicht einfach ein? So und anders wird und wurde im Leid und angesichts des Todes geklagt. Der Umgang mit Leid und Tod ist dabei nicht nur eine praktisch-seelsorgerische Herausforderung - sondern führt zudem in schwierige theologische Fragestellungen. Eine davon ist die Frage nach der Allmacht Gottes. Die Rede von der Allmacht Gottes scheint selbstverständlich (z.B. im Glaubensbekenntnis). Doch spätestens etwa angesichts der geschichtlichen Gräueltaten aus dem letzten Jahrhundert muss die Rede von der Allmacht reflektiert werden. Dieser Spur möchte das Seminar nachgehen.


Florian Sylvester, Uni Leipzig (Systematische Theologie)